Das Raunen der Toten by Oliver Becker

Das Raunen der Toten by Oliver Becker

Autor:Oliver Becker [Becker, Oliver]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: 978-3-86913-502-1, 978-3-86913-565-6, Das Raunen der Toten, Oliver Becker, ars vivendi verlag, ars, vivendi, Verlag, Franken, Cadolzburg, Kriminalroman, Krimi, Mord, Hure, Prostituierte, Kanada, Hannover, Niedersachsen, Dorfkrimi, Einöde, Winter, Winterkrimi, Fremde, Außenseiter, Vergangenheit, Waisenjunge, Auswanderer, 30er-Jahre, Dreißigerjahre, dreißiger Jahre, Familienbande, Krähentochter, Tannöd
Herausgeber: ars vivendi verlag GmbH & Co. KG
veröffentlicht: 2015-07-19T16:00:00+00:00


29

Es war noch dunkel, als er zurückkehrte.

Trotzdem war Margit natürlich bereits auf den Beinen, wie üblich, hellwach, bereit für die Anstrengungen des Tages, die mit dem Melken beginnen würden.

Sie verfolgte, wie er sich am Küchentisch niederließ, begleitet von einem tiefen Schnaufen. Nichts sagte er zu ihr, keinen Ton, er warf ihr nur einen kurzen Blick zu.

Bevor sie in die Ställe gehen musste, beeilte sie sich, ihm ein Frühstück zuzubereiten. Flink stellte sie eine Tasse dampfenden Kaffee, Brot, Butter, Sülze und Kompott vor ihn hin. Er schlürfte laut, rührte aber nichts vom Essen an.

Was hat er nur da draußen gemacht?, fragte sich Margit, während sie ebenfalls an einer Tasse nippte, wieder am Spültisch stehend. Was trieb ihn um? Über was dachte er unentwegt nach?

Sie erschrak beinahe, als Teggers Stimme die Stille zerbrach: »Ich bin müde.«

»Kann ich irgendetwas für Sie tun?«, wollte sie wissen, vorsichtig wie immer.

»Ich glaube, ich lege mich noch eine Weile aufs Ohr.« Tegger sah sie nicht an, stierte nur an die nackte Wand ihm gegenüber.

»Wie Sie möchten.« Sie musterte ihn von der Seite.

»Wirklich, ich bin müde, hundemüde.«

Jetzt war sie doch überrascht. Das war für ihn schon fast eine Plauderei, als hätte er es gerne, dass sie antworten, ihrerseits ein Gespräch suchen würde.

»Dann ruhen Sie sich aus«, schlug sie vor. »Ich kümmere mich um alles. Verlassen Sie sich darauf.«

Wiederum mit einem Schnaufen, stand er auf. »Haben die Polizisten mit dir geredet?« Zum ersten Mal an diesem Tag richtete er seine Augen auf Margit.

Noch überraschter, musste sie erst einmal ihre Gedanken sortieren. Von dem merkwürdigen Plauderton war nichts mehr zu hören. »Die Polizisten?«

»Bist du schwerhörig?«

»Äh, nein«, verfiel sie in ein Stammeln. »Ich meine, die Polizisten haben nicht mit mir geredet.« Ihr wurde bewusst, dass sie ihre Verblüffung nicht verbergen konnte: »Warum fragen Sie, Herr Tegger?«

»Nur so«, brummte er. »Du weißt ja genau, um welchen Abend es geht.«

»Abend?«, wiederholte sie verwirrt.

»Du weißt doch«, schnarrte er ungeduldig, »weswegen die Polizisten im Dorf sind, oder etwa nicht?«

Eifrig nickte sie. »Sicher, sicher.«

»Und du weißt auch, dass ich an diesem einen bestimmten Abend im Stolzen Hahn war.«

»Aber ja, Herr Tegger, natürlich.«

»Sie werden dich nicht fragen.« Er stiefelte an Margit vorbei. »Aber falls sie es doch tun sollten, dann weißt du ja, was du zu sagen hast.«

»Natürlich, Herr Tegger, natürlich weiß ich das.«

An der Tür hielt er noch einmal inne. Er drehte sich zu ihr um, auf den Lippen eine Bemerkung, die er schließlich doch wieder hinunterschluckte. Tatsächlich, müde sah er aus. Mehr als das. Erschöpft. Kraftlos. Mit gesenktem Haupt verließ er die Küche.

Margit konnte sich keinen Reim auf seine Äußerungen machen, aber etwas daran hatte sie traurig gemacht. Sie trank einen letzten Schluck Kaffee. Es schmerzte sie, Tegger so zu sehen.



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